Kinder

Die Zukunft der Kinder liegt in unseren Händen!

Kindergarten und Schule

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Neben der Familie hat der Kindergarten vor allem aber die Schule den stärksten Einfluss auf die kognitive, psychische, emotionale und soziale Entwicklung eines Kindes. Bildung ist wichtig, damit ein Kind Fähigkeiten erlernen und sein Potenzial entfalten kann. Noch wichtiger ist das, wenn ein Kind krank ist. Aus diesem Grund spielen Kindergarten- und Schulpädagogen eine Schlüsselrolle für die gesunde Entwicklung herzkranker Kinder.

Die meisten herzkranken Kinder können ein weitestgehend normales Leben führen. Für eine Sonderbehandlung besteht also kein Anlass!

Damit Pädagogen ihre Aufgabe bestmöglich erfüllen können, sind zwei Dinge entscheidend:

  • sie müssen über den Gesundheitszustand des Kindes genau Bescheid wissen. Hilfreich kann ein gemeinsam erstellter Notfallplan sein, mit Info der Erkrankung, wichtige Telefonnummern, was im „Fall der Fälle“ zu tun ist, …
  • Familie, Kindergarten/Schule und Ärzte sollten in engem Kontakt stehen

Werden Pädagogen richtig informiert, bringt das viele Vorteile:

  • Sie haben keine Berührungsängste mit der Krankheit/der Situation und müssen sich keine Sorgen machen, dass sie das Kind im Kindergarten/im Unterricht falsch behandeln
  • Sie können die Familie und Ärzte unterstützen. Denn durch den täglichen Kontakt mit dem Kind fallen ihnen gesundheitliche Probleme sofort auf
  • Sie sind in der Lage, Mitschüler über den Herzfehler zu informieren, falls dies zum Thema in der Gruppe/in der Klasse werden könnte. Wichtig ist, dass die Pädagogen den Kindern die Angst nehmen, die aus Unwissen entsteht. Oft ist das der Grund, warum ein herzkrankes Kind aus dem Gruppe/aus dem Klassenverband ausgegrenzt wird. Pädagogen sollten nach Möglichkeit alle Fragen rund um die Krankheitssituation beantworten können und dabei eine positive Einstellung vermitteln.

Weitere Informationen:


Welchen Kindergarten wähle ich aus?

Herzkinder können einen normalen Kindergarten besuchen. Je nach Situation kann das Herzkind auch als "Integrationskind" in einem Integrationskindergarten angemeldet werden.

Vorteil: kleinere Gruppe, mehrere Pädagogen und mehrere Förderungsmöglichkeiten!

Die Infekte, die viele Kinder in der Kindergartenzeit durchmachen, kannst du deinem Kind nicht ersparen und dadurch lernt das Immunsystem, mit Keimen umzugehen. Das Immunsystem entwickelt sich bei allen Kindern im Laufe der Kinderzeit.

Einiges muss jedoch beachtet werden, damit der Schulalltag so normal als möglich verläuft. Wie diese Anpassungen aussehen, hängt von drei Faktoren ab:

  • Die Häufigkeit und Dauer von Klinikaufenthalten
  • Ob das Kind regelmäßig Medikamente nehmen muss
  • Ob es körperliche oder neurologische Einschränkungen gibt

Die wichtigste Aufgabe des Pädagogen ist es, dem Kind Wissen zu vermitteln. Übervorsichtiges Verhalten sollte vermieden werden. Sonderbehandlungen geben dem Kind das Gefühl, anders zu sein. Sie sind eine Form der Diskriminierung.

Die Unterstützung, die ein herzkrankes Kind vom Pädagogen erhält, darf nicht zu einer Bevorzugung gegenüber den Mitschülern führen. Bei Anpassungs- oder Lernproblemen sollte – wenn möglich – der Schulpsychologe (oder externer Kinder-Schulpsychologe) hinzugezogen werden.

Hat ein herzkrankes Kind schulische Probleme, sind manchmal eine Anpassung des Lehrplans oder Förderunterricht notwendig. Der Pädagoge beurteilt aus pädagogischer Sicht, ob sich das Kind richtig entwickelt oder Sprachprobleme bestehen, für die zusätzliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. Pädagoge und Eltern sollten die altersgerechte Entwicklung des Kindes genau im Auge behalten. Bis zum Alter von vier Jahren muss auf Schwierigkeiten bei der Artikulation, Veränderung oder Weglassen von Lauten oder misslungene Lautnachbildungen geachtet werden.

Damit später keine Probleme beim Schreiben auftreten, sollten Schwierigkeiten beim Greifen von Gegenständen sowie motorische Probleme – insbesondere der Hände – genau beobachtet werden. Bei Kindern ab vier Jahren ist eine objektive Beurteilung und Diagnose nur dann möglich, wenn das Kind mitarbeitet. Bei Kindern zwischen vier und 16 Jahren sollten sich Untersuchung, Diagnose und Therapie an den Lern- und Verhaltensproblemen orientieren, die auf Sprachschwierigkeiten zurückzuführen sind.

Es ist wichtig und hilfreich, wenn auch schon sehr junge herzkranke Kinder genau wissen, warum sie spezielle Verhaltensmaßregeln beachten, bestimmte Nahrungsmittel meiden oder regelmäßig ihre Medikamente einnehmen müssen. Permanente Sonderbehandlung führt zu Ausgrenzung. Trotzdem ist es wichtig, dass in der Schule Betreuer und Lehrer auf die Begleitung chronisch kranker Kinder vorbereitet sind.

Lasse dich von dem Sozialdienst deines Krankenhauses über Nachteilsausgleiche beraten, wie Fahrtdienst oder Verlängerung von Prüfungszeiten. Trotzdem kann es aus verschiedenen Gründen zu Problemen kommen. Medikamente beeinträchtigen häufig die Konzentrationsfähigkeit und damit auch die Lern- und Leistungsfähigkeit der herzkranken Kinder in der Schule.

Krankenhausaufenthalt und Schule

Für chronisch kranke Kinder ist der Schulbesuch wichtig, damit sie nicht isoliert aufwachsen. Gleichzeitig werden so die Weichen für die soziale Integration im Erwachsenenalter. Tatsache ist aber, dass herzkranke Kinder immer wieder einmal ins Krankenhaus müssen – sei es für eine Kontrolluntersuchung oder für eine Operation. Dadurch bleiben sie öfter dem Unterricht fern als andere Schüler. Damit sich Fehlzeiten nicht nachteilig auswirken und sich die Kinder nach einer Operation wieder in der Schule und im Klassenverband zurechtfinden, muss einiges beachtet werden.

Wichtig ist, dass die Pädagogen genau informiert werden – zum Beispiel wie oft das Kind ins Krankenhaus muss, wann ein Klinikaufenthalt ansteht und wie lange dieser ungefähr dauern wird. Wenn es aus ärztlicher Sicht gestattet ist, sollte das Kind so kurz wie möglich der Schule fernbleiben. Ist ein längerer Klinikaufenthalt unvermeidbar und lässt es das Befinden des Kindes zu, sollte der Unterricht in einem Klassenzimmer im Krankenhaus fortgesetzt werden.

Unterricht im Krankenhaus

Während eines Klinikaufenthaltes übernimmt der Pädagoge wichtige Aufgaben: Er sollte bestmöglich dafür sorgen, dass das Kind nicht aus der Klassengemeinschaft ausgegrenzt wird und zum Beispiel den Kontakt zu Freunden und anderen Pädagogen fördern. Der Pädagoge sollte dafür sorgen, dass das Kind weiterlernen kann und seine Leistungen beurteilt werden.Pädagogen, die im Krankenhaus arbeiten, sollten an den Lerninhalten anknüpfen, die zuletzt in der Schule durchgenommen wurden. Der direkte, ständige Austausch mit Pädagogen aus der Schule ist entscheidend, um den Lehrplan den Umständen entsprechend anzupassen. Durch einen Unterrichtsraum im Krankenhaus kann ein möglichst normales Leben für das Kind aufrechterhalten werden. Das Zusammensein und Spielen mit anderen Kindern ist ebenfalls wichtig, um Anspannungen abzubauen.

Kann das Kind nach einem Klinikaufenthalt nicht sofort wieder in die Schule gehen, sollte der Unterricht dennoch fortgesetzt werden.
Eine Möglichkeit sind der Fernunterricht oder Häuslicher Unterricht. Hierbei muss die Familie eingebunden werden.

Rückkehr in die Schule

Wichtig ist, dass die Kinder schnell zum normalen Alltag zurückkehren. Dafür müssen sie sich sicher sein können, dass sie in der Schule und von ihren Klassenkameraden genauso wie vorher und wie alle anderen behandelt werden. Wichtig ist, dass sie so akzeptiert werden, wie sie sind – trotz eventueller körperlicher Veränderungen. Aus Angst vor Ablehnung wollen herzkranke Kinder manchmal nicht mehr ihre Freunde sehen. Dahinter stecken oft Sorgen wegen ihres Aussehens oder Ängste, weil sie so lange gefehlt haben. Einige Kinder reagieren mit Rückzug oder sind besonders schüchtern, um Körperkontakt beim Spielen oder Zusammensein mit Freunden zu vermeiden.

Das gilt besonders für Kinder, denen der Arzt körperliche Betätigung oder Sport untersagt hat.
Auf solche Situationen sollten Pädagogen achten. Manche Kinder wirken vielleicht selbstsicher, sind jedoch insgeheim unsicher, fühlen sich zerbrechlich oder leicht verletzbar. Wird dies nicht rechtzeitig erkannt, kann es zu Depressionen führen.

Wenn die Kinder den Kontakt zu ihren Freunden gehalten haben und mit dem Lerntempo mithalten können, ist die Reintegration in den Klassenverband wesentlich einfacher.
Die Rückkehr des Kindes könnte zum Beispiel gefeiert werden. Hier ist die Kreativität des Pädagogen gefordert. Er kann die Situation positiv beeinflussen, damit das Kind schnellstmöglich in den Schulalltag zurückfindet. Wie die Rückkehr in die Klassengemeinschaft genau angegangen wird, besprechen Pädagogen, Eltern und Kind am besten gemeinsam. Dabei sollte ebenfalls besprochen werden, was die Mitschüler über die Krankheit und Behandlung des Kindes erfahren sollen.

In den Wochen und Monaten nach der Rückkehr sollten Pädagogen genau auf eventuelle Probleme achten.
Nach Einbrüchen bei der schulischen Leistung kann es zu aggressivem Verhalten, Rückzug, verstärkter Angst oder sozialer Isolation kommen.

Die Familie spielt bei der Schulbildung eine wichtige Rolle, die aber von zwei Extremen (negativ) beeinflusst werden können.


Das eine Extrem ist zu viel Fürsorge:
Aus Angst, dass es dem Kind gesundheitlich schlechter gehen könnte, wird das Kind zu stark behütet. Eltern sollten dann ihr eigenes Selbstvertrauen und auch das des Kindes stärken, indem sie ihrem Kind mehr Autonomie eingestehen und sein Selbstwertgefühl steigern.


Das andere Extrem ist, den Herzfehler vollkommen zu leugnen. Die Eltern akzeptieren die Krankheit nicht und verhalten sich, als ob alles ganz normal sei. Die Kinder erhalten dadurch widersprüchliche Botschaften:

Einerseits unterscheidet sich ihre Schulbildung nicht von der anderer Kinder, andererseits müssen sie mit den Problemen klar kommen, die ihr Herzfehler mit sich bringt. In diesem Fall wird alles erlaubt, weil die Eltern davon ausgehen, dass gewisse Einschränkungen das Kind an seiner Entfaltung hindern und es darunter leidet. Diese beiden gegensätzlichen Herangehensweisen verursachen die meisten Probleme, mit denen Pädagogen beim Unterricht von herzkranken Kindern zu kämpfen haben.

Die Familie muss hier die richtige Balance finden.
Nur so können herzkranke Kinder die bestmögliche Schulbildung erhalten. Es ist die Aufgabe der Familie, dem Kind die Geborgenheit und Sicherheit zu geben, die es für seine Entwicklung braucht. Gleichzeitig sind alle an der Schulbildung Beteiligten gefordert, herzkranken Kindern ein Umfeld voller Wärme, Einfühlsamkeit und Toleranz zu schaffen. Die Schule hat eine Bedeutung für die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen. In das soziale Umfeld integriert zu sein, ist ein zentraler Aspekt in der Entwicklung aller Menschen – ob mit oder ohne Herzfehler.

Pädagogen sollten nicht nur Wissen vermitteln, sondern sich auch um die emotionalen Aspekte der kindlichen Entwicklung kümmern und dafür sorgen, dass das Kind neue Konzepte versteht.

Als Volksschullehrerin und Inklusionspädagogin, aber auch als Mutter eines Vorschulkindes beschäftigen auch mich diese Themen sehr stark. Kinder mit chronischen Erkrankungen – Herzerkrankungen - mussten zumeist schon enorme Schwierigkeiten bewältigen, obwohl viele der alltäglichsten Meilensteine, wie der Schuleintritt, Wechsel in eine weiterführende Schule oder gar die Matura, noch bevorstehen! Gerade deshalb ist es mir ein Anliegen, sie auf diesem Weg zu unterstützen.

Häufig ist neben der körperlichen Ausdauer auch die kognitive geringer als erhofft, woraus Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwierigkeiten resultieren und besonders das schulische Lernen erschweren können.
Um die Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen und ihnen weder Motivation noch Freude zu nehmen, ist es essentiell keinen Druck aufzubauen, wenn die (Denk-)Kraft ausgeht. Je jünger die Kinder sind, desto geringer ist die Aufmerksamkeitsspanne und das auch mit gesundem Herzen! Es gilt daher einige einfache Aspekte zu berücksichtigen, um sie möglichst motiviert am Üben zu halten, anstatt Frust aufkommen zu lassen.

Sequenzierung der Lernphasen - Um die Übungen also nicht nur abzuarbeiten, sondern davon auch profitieren zu können, ist es sinnvoll die Arbeiten in kürzere Sequenzen zu unterteilen und dazwischen Bewegungs- und Trinkpausen zu machen. Je nach Entwicklungsstand des Kindes eignen sich 1 – 2 Übungen oder die Aufgaben eines Fachs gut als Lerneinheit. Diese Sinneinheitengeben den Kindern auch leichter eine Struktur, als starre Zeitpläne. Ist dies geschafft, folgt eine Pause: Wasser trinken, eine Kleinigkeiten essen (beispielsweise Obst, welches aufgenommen wird und viel Energie gibt) und Bewegung! Besonders gut eigenen sich koordinative oder kreative Übungen, um die Hirnaktivität auf körperliche Aktivitäten zu lenken und dadurch jenen Regionen, welche für die kognitiven Prozesse beansprucht wurden, eine Pause zu gönnen. Wichtig wäre es, nicht erst bei beginnender Überforderung und Unaufmerksamkeit eine Pause einzulegen, sonder präventiv bereits eine realistische Einteilung zu treffen und sich daran zu halten. Die Länge der Pausen hingegen sollte entsprechend variieren, zu Beginn reichen oft kürzere Aktivitätsphasen aus, ab der dritten Pause sollte etwas mehr Zeit dafür einberechnet werden.

Kurze Rituale – Sie helfen auch, sich auf Lernphasen einzustimmen, beispielsweise den Platz vorzubereiten und ein Glas Wasser bereitzustellen oder eine kleine Nascherei herauszulegen.

Bewegtes Lernen - Das Üben zuhause, oder gar das aktuelle Homeschooling erfordern viel Durchhaltevermögen, Nerven, Kraft und Ausdauer. Um die Lernphasen effektiver zu gestalten und auch die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, zahlt es sich aus, die Inhalte motorisch zu unterstützen. Bei den Jüngsten etwa die Buchstaben oder Zahlen mit Bewegungen zu verbinden (beispielswiese das Alphabet turnen, Zahlen in die Luft zeichnen oder Karten ziehen und die richtige Anzahl an Hampelmännern), welche geübt werden sollen. Um das Auswendiglernen der Malreihen zu unterstützen eigenen sich Rhythmen, auch die Wortarten und Fälle können mit Musik und rhythmischen Mustern eingeübt werden - der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Übungsideen für die Pausen:

  • Jonglieren - beginnend mit einem Ball, der von der linken in die rechte Hand geschupft wird, steigern sich Kinder dabei meist sehr schnell. Jonglieren macht nicht nur Spaß, es schult auch die Koordination, die Reaktionsgeschwindigkeit und Handlungsplanung, Motorik und Koppelung der Hirnhälften. Auch die Konzentration wird spielerisch gefördert und die Muskulatur gestärkt. Dies wirkt sich nicht nur auf den Körper und die Psyche, sondern auch die Lernfähigkeit positiv aus.
  • Kinderyoga - Lustige Tiere nachzuahmen fordert die Motorik heraus, schult die Koordination und bringt über Anspannung Ruhe in den Körper. Die Bewegung gleicht die kognitive Anstrengung aus, fördert die Sauerstoffaufnahme und hilft den Kindern dadurch sich anschließend wieder für Lernphasen bereitzumachen. Eine bestimmte Übung für den Einstieg und Ausklang auszuwählen gibt der Pause auch einen Rahmen, an welchem sie sich orientieren können.
  • Tanzen! - Musik hat einen enormen Einfluss auf die Stimmung und regt stets zum Bewegen an. Tanzen fordert ein hohes Maß an Körpergefühl und Koordination, auch die Handlungsplanung wird geschult und die Laune hebt sich. Kreative Bewegungen und freies Tanzen machen Freude und den Kopf frei. Zum Abschluss ein ruhiges Lied und ein Glas Wasser, bevor der Fokus wieder auf kognitiven Arbeiten liegt.

Kooperation mit Schule

Die körperliche Konstitution und deren Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit sind nicht zu unterschätzen, denn wenn der Körper nicht mehr kann, klappt auch das Fokussieren nicht mehr. Sofern es für die Kinder in Ordnung ist, ist offene Kommunikation mit den Lehrpersonen daher ein essentieller Schritt, um auch in der Schule die Möglichkeit zu schaffen, entsprechend darauf reagieren zu können. Zudem kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden, welcher Auswirkungen auf die Beurteilung der kindlichen Leistungen hat und/oder mehr Zeit bei Schularbeiten und Tests ermöglicht. Es geht dabei darum, die Nachteile, die die chronische Erkrankung verursacht, wett zu machen.

Kein Druck und viel Motivation

Unsere Kinder haben einen schweren Weg hinter und auch vor sich. Gleichzeitig kämpfen sie mit den gleichen alltäglichen Problemen, wie auch alle anderen Heranwachsenden, denn die Schulzeit verlangt den Kindern viel ab, sozial, fachlich und emotional. Als Volksschullehrerin erlebe ich hautnah, welche Auswirkungen Druck auf die Kinder haben kann. Und das, obwohl es völlig in Ordnung ist, wenn Kinder mehr Zeit benötigen, zurückgestuft werden, Klassen wiederholen und mittelmäßige Noten bekommen. Nicht alles kann und muss gelingen! Manchmal braucht es Anstrengung, manchmal Geduld, manchmal die Einsicht, dass es (aktuell noch) nicht klappt. Die Schule ein Jahr länger zu besuchen bringt viele Chancen, neue Freunde und Entlastung, Förderung kann Spaß machen und mittels Spielen gelingen und Noten sagen über die Gesamtentwicklung, soziale und lebenspraktische Fähigkeiten nichts aus. Durchzuhalten ist schwer, doch unsere Kinder haben bereits bewiesen wie viel Mut und Kraft in ihnen steckt, in Zeiten wie diesen besonders! Ich wünsche allen Schulkindern und Eltern starke Nerven für die kommende Zeit, hoffe dass diese Anregungen auch das fordernde Homeschooling ein wenig unterstützen und viel Freude am Lernen!

Herzkind in der Schule: Konzentration, Wahrnehmung, Stimmungsschwankungen - Diagnostik und Therapien, Empfehlungen

Entwicklung findet unser gesamtes Leben statt. Besonders achten wir als Eltern auf die Entwicklung unserer Kinder; wenn ihnen etwas gelingt, sehen wir mit großem Stolz auf sie, bemerken wir Schwierigkeiten, vergleichen wir sie mit anderen Kindern und beginnen uns zu sorgen. Bei Eintritt in Kindergarten und Schule fallen Vergleiche zu gleichaltrigen Kindern intensiver aus.

Besonders wenn jemanden das Schicksal mit einem chronisch belasteten, körperlich und/oder seelisch kranken Kind ereilt, erfahren alle (!) Familienmitglieder heftige Herausforderungen. Oft müssen sich die Betroffenen mit Defiziten arrangieren, die das bisherige Leben auf den Kopf stellt und das Leben nicht kranker Menschen viel sorgloser scheinen lässt. In einer im vergangenen Jahr publizierten Studie am Kinderherz-Zentrum Linz haben wir festgestellt, dass Herzkinder mit einem Einkammerherz im Laufe ihres Schullebens (6-17 Jahre) trotz ihrer schwierigen Erfahrungen lebensqualitativ sowohl im körperlichen – als auch im psychosozialen Bereich gleiche Werte wie gesunde Jugendliche entwickeln. Sie lernen also im Laufe ihrer Entwicklung mit den Nachteilen ihrer Krankheit so umzugehen, dass sie sich im privaten, schulischen und beruflichen Leben gut zurechtfinden. Konkret bedeutet das, dass einige von ihnen u.a. aufgrund von geringerer Sauerstoffsättigung im Blut mit Konzentrationsschwierigkeiten, Defiziten im leichten Erfassen von logischen Denkschemata oder auch dadurch ausgelösten depressiven Episoden zu kämpfen haben und durch liebevolle Unterstützung seitens der Eltern und Lehrer*innen dennoch über sich hinauswachsen und an allen Fronten widerstandsfähige, glückliche Persönlichkeiten werden.

Nicht selten wird aber auch die jeweilige ursprüngliche Erkrankung eines Kindes als alleinige Ursache für Lern-, Konzentrations-, Wahrnehmungs- und allgemeine Entwicklungsstörungen zugeschrieben. In manchen Fällen ist diese Annahme allerdings trügerisch und Entwicklungsdefizite manifestieren sich aufgrund sekundärer Attributionen: Das bedeutet, dass wir als Eltern voller Sorge so sehr auf die Krankheit unseres Kindes allein oder vorrangig fokussiert sind, dass dadurch eine unbeschwerte ganzheitliche Entwicklung beispielweise eines Herzkindes schwierig wird und auffällige Verhaltensweisen durch übervorsichtige Erziehungsmaßnahmen gefördert werden können.

Ich gebe ungern Rezepte, weil die emotionale Entwicklung von uns Menschen so individuell abläuft und Ratschläge nicht immer für jeden Einzelfall brauchbar sind bzw. umgesetzt werden und womöglich für manche zu „Schlägen“ werden können.

Aber ich erlaube mir, mit den Erfahrungen - einerseits als Vater von zwei eigenen Kindern, zwei angenommenen Kindern und jüngst einer Enkeltochter - andererseits mit dem Wissen und Fühlen als selbstbetroffenes chronisch krankes Herzkind (inzwischen EMAH) und als Psychologe, der vor vielen Studenten unterschiedlicher Studienrichtungen, vor Eltern, Pädagog*innen und Wissenschaftlern über entwicklungspsychologische Phänomene referiert hat, einige grundlegende Empfehlungen zu formulieren. Vielleicht berührt Sie die ein oder andere Bemerkung.

  • Ihr „krankes“ Kind kann die größte aller Erwartungen erfüllen: dass das kleine Kind zu einem aktiven, lebendigen, geliebten Menschen mit ganz speziellen Gaben und Talenten heranwächst.
  • Ihr Kind ist ein Gesamtkunstwerk: Versuchen Sie Ausgewogenheit zwischen Fürsorge und Leistungsbereitschaft zu schaffen.
  • Fokussieren Sie das Leben Ihres Kindes nicht nur auf einzelne Aspekte: Ihr Kind hat viele Anlagen und es braucht Möglichkeiten, sich zu bewähren und eigene Entscheidungen zu treffen (entsprechend seinem Alter und seinem Entwicklungsstand).
  • Wut, Furcht und Traurigkeit sind grundlegende Emotionen, die wir alle kennen. Richtig betrachtet, lernen wir bei angemessenem Umgang bei Wut Freiheit, bei Furcht Sicherheit und bei Traurigkeit die Fähigkeit, mit Menschen und der Welt Kontakt aufzunehmen.
  • Ihr Kind fühlt sich geliebt, wenn es Augen- und Blickkontakt, Körperkontakt und konzentrierte Aufmerksamkeit von seinen Eltern und Bezugspersonen erfährt (ACHTUNG: das soll nicht den ganzen Tag lang geschehen sondern zuverlässig immer wieder!!)
  • Grundbotschaften, die allen Menschen, aber besonders auch den Kindern guttun, sind: Du bist nicht verloren; Gut, dass es dich gibt, du bist mir wichtig; Du hast Fähigkeiten; An dir und in dir ist Gutes; Ich bin ehrlich und verlässlich; Was ich tue, tue ich auch deinetwegen.
  • Unangemessen wird ein Kind „geliebt“, wenn besitzergreifende Liebe, stellvertretende oder Rollentausch vorliegen.
  • Bei Konzentrationsproblemen (Aufmerksamkeitsdefizit) stets darauf achten, dass man sich positiv, d.h. freundlich, liebevoll und motivierend gegenüber dem Kind verhält.
  • Loben Sie nicht nur Erfolg, sondern bereits die Anstrengungsbereitschaft.
  • Gehen Sie grundsätzlich immer nur auf eine Sache ein oder fordern Sie nur eine Handlung ein, nicht gleich mehrere.
  • Halten Sie dem Kind keine Fehler aus der Vergangenheit vor oder frischen Sie diese nicht auf, da dies auf das Kind demotivierend wirkt und eine negative Grundeinstellung hervorruft.
  • Nutzen Sie die positiven Eigenschaften des Kindes: an Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft und Gerechtigkeitssinn appellieren.
  • Fördern Sie Kontakte des Kindes mit Gleichaltrigen (oft kapselt sich das Kind ab aus Angst, unbeliebt zu sein).
  • Strukturieren und planen Sie den Tag/die Woche (genaue Uhrzeiten für einzelne Handlungen festsetzen / was wird wann wo getan).
  • Legen Sie klare Verhaltensregeln zusammen mit dem Kind fest (evt. schriftlich fixieren), Konsequenzen (nicht Strafen!) bei Nicht-Einhaltung formulieren.
  • Sorgen Sie dafür, dass alle Erziehungs- und Bezugspersonen in Hinblick auf die Erziehung des Kindes einig sind (Kommunikation mit den Lehrer*innen).
  • Sprechen Sie grundsätzlich mit dem Kind in fester, ruhiger und bestimmter Art (freundlich, aber bestimmt) – nicht ironisch, zynisch oder aggressiv.
  • Arbeiten Sie bei Kindern mit Konzentrationsproblemen oder Hyperaktivität mit nonverbalen Mitteln: kurzes Berühren an der Schulter (dies löst eine Orientierungsreaktion beim Kind aus).
  • Arbeiten Sie mit kurzen Feedbacks („okay“, „gut“, „stopp!“).
  • Vertreten Sie stets einen klaren Standpunkt und behalten Sie diesen bei, vor allem bei Anweisungen.
  • Diskutieren Sie über Konflikte bzw. einen Streit nicht unmittelbar nach Beendigung, da sonst die Erregung sofort wieder steigt– lieber den Konflikt durch Schaffen von Fakten und Setzen von Regeln beenden.
  • Vereinbaren Sie bei Hausübungen eine feste Zeit (eigener, aufgeräumter und ungestörter Arbeitsplatz, Hausaufgabenheft anlegen und kontrollieren, Hausaufgaben in überschaubare Lerneinheiten einteilen, kurze Pausen, nur Wesentliches einfordern, mit leichten Aufgaben beginnen, dann schwierigere, zum Schluss wieder leichtere, das Kind loben, auch wenn es Fehler macht, kein überflüssiges Reden, nach Fertigstellung der Hausaufgaben das Kind die Schultasche für den nächsten Tag packen lassen).
  • Kinder brauchen Grenzen, bei kranken Kindern ist die Gefahr des Mitleids groß und Verwöhnen könnte im Alltag (!) unpassend sein. Sie brauchen Mitgefühl und Unterstützung, mit Niederlagen umzugehen.

So wie wir es im medizinischen Bereich gewohnt sind, eine/n Arzt/Ärztin zu konsultieren, ist es auch angebracht, uns bei pädagogischen und psychologischen Fragestellungen mit Fachleuten zu beraten, diagnostische Abklärung und Therapieempfehlungen einzuholen. Wir können als Eltern nicht immer alles wissen, noch dazu, wo uns manchmal ein einfacher klarer Blick als betroffene/r Mutter oder Vater nicht möglich sein kann, weil uns die eigenen Gefühle oder Sorgen im Griff halten. Es gilt, auch mit uns selbst nicht zu streng umzugehen.

Grundsätzlich
plädiere ich, wie bereits oben erwähnt, entschieden dafür, immer an seine Kinder, an ihre Fähigkeiten, an ihre Stärken und an ihr widerstandsfähiges Verhalten zu glauben, ihnen Mut zu geben. Mitunter handeln wir als Eltern, weil wir so viel Liebe geben wollen, kontraindiziert. Nicht selten erlebe ich Väter und Mütter vor chirurgischen Eingriffen ihrer Kinder, sich doch selber viel lieber auf den OP-Tisch legen zu wollen, um dem eigenen Kind Not und Pein zu ersparen. Wer kennt dieses Gefühl oft auch in weniger bedrohlichen Lebensumständen nicht? Wir wollen es unseren geliebten Kindern einfacher machen und hindern sie dadurch an ihrem zwar mühevollen, aber doch entscheidenden Entwicklungsprozess. Oft versuche ich in meinem täglichen Arbeitsfeld am Kinder-Herz-Zentrum, den betroffenen Eltern von schwer erkrankten Kindern bewusst zu machen, dass ihr Kind nicht nur Herzkind ist, sondern eine Persönlichkeit mit vielen Fähigkeiten und Talenten, nicht reduziert werden will auf einige wenige kardiale Charakteristika, dass Kinder sich Eltern gegenüber nicht selten wie ein Spiegelbild verhalten, dass Unruhe, Angst, Unsicherheit und Verzweiflung seitens der wesentlichen Bezugspersonen mitunter auf die Kinder übertragen werden, dass wochenlang unausgeschlafene Mütter am Bett des Kindes keine Stütze mehr sein können. Freilich, jeder, der Vater oder Mutter ist und sich in einer so außergewöhnlichen Lebenssituation befindet, sein eigenes womöglich todkrankes Kind begleiten zu müssen, weiß, dass Achtsamkeit auf sich selbst schwer umsetzbar scheint, dennoch lautet einer meiner Standardsätze: Wenn Sie Ihrem Kind Gutes tun wollen, achten Sie bitte auf sich und ebenso auf Ihre Partnerschaft. Nicht selten geraten Eltern in eine oft kaum mehr bewältig- und organisierbare Zerrissenheit: kranken Sohn in der Klinik betreuen, gesunde Tochter zu Hause begleiten, Ehepartner außerhalb der Kinderbetreuung auch noch wahrnehmen, eigene Bedürfnisse (beispielweise ausreichend Schlaf) nicht ganz vernachlässigen – und schließlich über all dem die beißende Angst, ob das erkrankte Kind wieder gesund wird oder überleben kann und wie es leben wird …

Unser aller Leben ist ein Kunstwerk und oft von Dilemmata geprägt, weil uns gerade bei der Begleitung unserer Kinder so vielen Entscheidungen abverlangt werden, es ständiger Abwägung bedarf und wir nicht immer alles richtig machen können und wir mitunter manche psychopädagogische Empfehlung als Frotzelei provokant wahrnehmen. Letztendlich begleiten wir unsere Kinder mit (bedingungsloser) Liebe und achten darauf, auch uns selbst ausreichend zu lieben. Wenn uns das gelingt, werden die Spiegelneuronen wirksam und unsere Kinder merken, wie authentisch wir sie lieben.

Anmerkung:
Anbei einige sehr empfehlenswerte Bücher, deren Inhalte uns in unserem Glücklichsein und Handlungsbewusstsein als Eltern, Familienmitglieder und Individuen bestärken:

Literatur:

  • Ammer, K. (2020). Großwildjäger. Linz: Roiter.
  • Bauer, J. Warum ich fühle was du fühlst. München: Heyne.
  • Friedl, R. (2019). Der Takt des Lebens. Warum das Herz unser wichtigstes Sinnesorgan ist. München: Goldmann.
  • Hüther, G. (2008). Wie aus Kindern glückliche Erwachsene werden. München: Graefe.
  • Messner, H. (2019). Der schmale Grat. München: Ludwig.
  • Oberhuber, R. (2019). Leben(dig). Gedeihen trotz widriger Umstände. Linz: Roiter.
  • Pretre, R. (2019). In der Mitte schlägt das Herz. Hamburg: Rowohlt.
  • Ringel, E. (1987). Die ersten Jahre entscheiden. Wien: Jungbrunnen
  • Thomashoff, H.O. (2017). Das gelungene Ich. München: Ariston.